Vor den Vorhang: Helmo Pape, Projektleitung Gemeinwohlkonto
Vor den Vorhang: Helmo Pape, Projektleitung Gemeinwohlkonto
Helmo, du hast persönlich eine klassische „Vom Saulus zum Paulus“-Geschichte vorzuweisen. Wie kam es dazu?
Ich war schon lange in der Finanzdienstleistung tätig, als ich 2008 für eine Bank anfing, Derivate zu verkaufen – pünktlich zur Finanzkrise! Da habe ich schnell gemerkt, dass die Werte, die ich hochhielt, wie z.B. Eigenverantwortung und Fleiß, nicht vor Katastrophen schützen. Nie zuvor hatte ich erlebt, dass sich Banker über Bauernhöfe erkundigen. Jede Diskussion mündete in wenigen Minuten im Konsens, dass es nicht mehr lang so weitergeht. Doch als ich wissen wollte, wie es weitergeht, bekam ich keine Antwort. Das zwang mich, selbst nach Antworten zu suchen.
Was war da eine der ersten Antworten, die du für dich selbst gefunden hast?
Ich habe anerkannt, dass Konkurrenz, das gegeneinander Arbeiten, stets mehr Schaden produziert als Gewinn. Ich suchte einen Mittelweg zwischen dem großen Versprechen des Kapitalismus = Freiheit, und dem des Sozialismus = Sicherheit. Ein Buch, „Einkommen für alle“ von Götz W. Werner, brachte mich mit der Idee des Bedingungslosen Grundeinkommens in Berührung – eine eigentlich naheliegende Lösung, alle Menschen eine ausreichende Basis zu geben, mit der sie dann kooperieren können. Diese Idee hat mich bis heute nicht losgelassen und passt für mich auch zur Grundidee des Gemeinwohls.
Was ist für dich das Besondere an der Genossenschaft für Gemeinwohl?
Mir gefällt am Begriff Gemeinwohl, dass er unseren Blick vom ich zum wir lenkt, in dem das ich ja ebenfalls enthalten ist. So verändern wir unser Handeln aus einem Konkurrenzsystem hin zur Kooperation. Die Genossenschaft ist für mich ein Vehikel, dieser Haltung Ausdruck zu verleihen. Ich freue mich, mit bereits über 5.000 Genossenschaftsmitgliedern diesen Wandel weiterzutreiben, denn ich bin felsenfest davon überzeugt, dass unsere Zukunft nicht im Alleinwohl, sondern im Gemeinwohl liegt. Es ist Zeit, die Dinge anders zu sehen und auch andere dazu einzuladen.
Was sind deine Aufgaben in der Genossenschaft für Gemeinwohl?
Ich bin der Mann fürs Gemeinwohlkonto! Ich kümmere mich um Produktdesign, Vertrieb und die Beziehung zu unserem Produktpartner, dem Umweltcenter der Raiffeisenbank Gunskirchen. Die Geschäftsführung dort hat mich mit ihrer Entschlossenheit, ethisches Banking mit uns in Österreich voranzubringen, beeindruckt. Raiffeisen war ja für viele unserer Genossenschafter*innen ein Reizwort. Auch ich hatte Bedenken bezüglich einer echten gemeinwohlorientierten Gesinnung und Handlungsfreiheit. Diese konnten mit den handelnden Menschen des Umweltcenters restlos geklärt werden. Von der Entschlossenheit überrascht, sehe ich in einer Bank, die seit 1898 eine Lizenz hat und über eine landesweite Infrastruktur verfügt, einen starken Kooperationspartner. Meiner Meinung nach ist es – wenn ich den enormen Aufwand sehe, den die Bank zur Einhaltung aller Auflagen erfüllen muss –, ein Vorteil, dass wir keine eigene Bank betreiben müssen.
Welchen Eindruck von der Unternehmenskultur hast du nach zwei Monaten deiner Arbeit hier gewonnen?
Die Genossenschaft für Gemeinwohl ist eine hoffnungsfrohe, bunte, tatkräftige Truppe von bewundernswerten Menschen, die für das Gleiche brennen wie ich. Ich freue mich sehr, mein Talent einbringen und diese Tätigkeit mit meinem Herzensanliegen Bedingungsloses Grundeinkommen so gut verbinden zu können.