Parteiencheck: Wer will den Wandel im Geld- und Finanzwesen?
Parteiencheck: Wer will den Wandel im Geld- und Finanzwesen?
Wir, die Genossenschaft für Gemeinwohl, meinen, dass das Finanzsystem dringend einer tiefgreifenden Umgestaltung im Sinne einer nachhaltigen und enkeltauglichen Entwicklung unserer Gesellschaft bedarf. Dies erfordert aus unserer Sicht:
- ein Bankenwesen, das einer Wirtschaft zum Wohle aller dient
- klare Regeln, die millionenteure Bankenrettungen mit Steuergeldern in Zukunft verhindern
- sowie einen Finanzsektor, der die Kluft zwischen Arm und Reich wieder schließen hilft und nicht zur weiteren Befeuerung des Klimawandels beiträgt.
Anlässlich der bevorstehenden EU-Wahl haben wir uns wieder angesehen, welche Positionen und Forderungen die wichtigsten wahlwerbenden Parteien und Listen in den Bereichen Geld- und Finanzpolitik sowie Bankenregulierung vertreten und sie dazu auch befragt.
- Insgesamt zeigt sich anhand der vorliegenden Wahlprogramme1, dass diese Fragen bei der EU Wahl 2019 elf Jahre nach der letzten großen Finanzkrise eher Randthemen sind. Die Schwerpunkte der einzelnen Parteien liegen – unterschiedlich gewichtet – in den Bereichen Steuerpolitik, Sicherheit und Migration, Umweltschutz und Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit, Verwendung von EU-Geldern, Soziales sowie Digitalisierung. Ein Grund dafür ist wohl, dass das Basel III-Abkommen des Basler Ausschusses der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) zur Regulierung von Banken die infolge der Finanzkrise von 2008 geäußerten Forderungen nach Eigenkapitalerhöhungen weitestgehend abdeckt – auch wenn in einzelnen Ländern noch Übergangsfristen zur Implementierung gelten und daher nicht alles umgesetzt ist.
- Darüber hinausgehende Forderungen zur Regulierung des Bankensystems finden sich in den Wahlprogrammen der Grünen sowie in jenem der NEOS. Letzte treten im Hinblick auf ihre Forderung nach einem Abwicklungsmechanismus für die Bankenunion für eine gesonderte Regulierung für Sparkassen und Genossenschaftsbanken ein. Auch die Grünen treten in ihrem Programm für eine „entbürokratisierte“ Aufsicht kleiner Banken ein, und fordern höhere Eigenkapitalquoten für Großbanken.
- Ein Trennbankensystem – eine Trennung des Investment- vom Privatkund*innengeschäft fordern die Grünen. Die NEOS erachten dies als in der Praxis nicht durchsetzbar, und plädieren stattdessen für gesonderte Regulierungen des Investmentbankings.
- Generell werden die beiden Themen Finanzmarktregulierung und Steuersystem im Vorfeld der EU-Wahl vielfach gemeinsam behandelt. Die Forderungen nach einer allgemeinen Finanztransaktionssteuer wird weiterhin von allen Parteien außer der FPÖ aufrechterhalten, wobei die NEOS diese Forderung in ihrem Wahlprogramm nicht erwähnen.
- Die Grünen fordern explizit eine strengere Regulierung des Finanzsektors auf europäischer Ebene. KPÖ Plus fordert im Sinne einer demokratischen Kontrolle eine Überführung des gesamten Finanzsystems in die öffentliche Hand.
- Digitalisierung und insbesondere eine Digitalsteuer sind bei der SPÖ, der ÖVP und der KPÖ ein Thema, die NEOS treten für eine die Digitalisierung berücksichtigende Körperschaftssteuer ein. Die Forderung nach einer adäquaten Besteuerung digitaler Finanzprodukte erheben als einzige die Grünen, die NEOS fordern hierzu mehr Rechtssicherheit.
- Vielfach wird ein Zusammenhang zwischen der Finanzkrise ab 2008 und sozialen Problemlagen der Gegenwart hergestellt, so von Grünen, NEOS, KPÖ Plus und der Liste “Europa Jetzt”. Die SPÖ stellt in ihrem Programm einen expliziten Zusammenhang zu demokratiepolitischen Fragen her.
Hier fassen wir die wichtigsten Passagen aus den Wahlprogrammen zusammen.
Hier gibt es die Antworten von SPÖ, Grünen, NEOS und KPÖ auf unsere ergänzenden Fragen zum Download. Von ÖVP, der FPÖ und der Liste "Europa Jetzt" kam leider keine Reaktion auf unsere Anfrage.
Wir bedanken uns für die erhaltenen Antworten und hoffen, damit für unsere Mitglieder und Leser*innen einen Beitrag für eine gut informierte Wahlentscheidung zu leisten!