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Banking fürs Gemeinwohl: Ein Rückblick auf die "International Summer School on Social Banking" in Wien

Summer School Gruppe winkend
Montag, 29. Juli 2024 – von Christina Buczko

Banking fürs Gemeinwohl: Ein Rückblick auf die "International Summer School on Social Banking" in Wien

Die internationale Summer School on Social Banking fand dieses Jahr in ihrer 15. Ausgabe erstmals in Wien statt und bot in der Woche vom 30. Juni bis 5. Juli eine spannende Mischung aus interessanten Begegnungen, theoretischem Wissen und praktischen Erfahrungen im Bereich des Social Banking. Die Teilnehmer*innen erhielten vielfältige Anregungen, um die Balance zwischen visionären Ideen und ihrer praktischen Umsetzung zu finden.

 

Was ist Social Banking?
Ganz trennscharf sind der Begriff und das dahinter liegende Konzept des Social Banking nicht. Oft ist mit ethischem oder nachhaltigem Banking dasselbe gemeint. Aber auch Kreditgenossenschaften, Impact Investors, Mikrokreditgeber oder Crowdfunding-Plattformen sind Teil des Social Banking-Universums. Ethische Banken gibt es in den meisten Ländern Europas. In Österreich haben wir seit fünf Jahren ein Gemeinwohlkonto. Jedoch sind Größe und Bedeutung dieser Angebote sehr überschaubar und der Anspruch, mit dem eigenen Tun einen konkreten Beitrag zu leisten, stößt oft an seine Grenzen. 

 

Welche Änderungen braucht es … in der Finanzwelt?
„Money is just a tool, if you don´t realize that, you´re a fool.” 
Diesen Einzeiler präsentierte ein Teilnehmer nach einer Reflexionsübung über die Rolle des Geldes in der Gesellschaft. Bereits zuvor hatten die beiden Hauptredner der Summer School, Ugo Biggeri, Gründer der italienischen Banca Etica, und Christian Felber, Mitbegründer unserer Genossenschaft für Gemeinwohl, ihre Überlegungen zu dieser wichtigen Frage geteilt. Bloße Pionierarbeit sei mittlerweile nicht mehr ausreichend, so Ugo Biggeri. Um aus der Nische herauszukommen, brauche es einen Paradigmenwechsel in der gesamten Wirtschaft und entsprechende Regeln. Diese müssten vor allem umfassend sein, analysierte er mit Blick auf die EU, die zwar nachhaltige Finanzprodukte definiert hätte, aber beispielsweise nichts gegen den ausufernden Derivatemarkt unternehme.[1] Ähnlich argumentierte auch Christian Felber, der auch darauf hinwies, dass wir heute vor allem die Mittel – etwa das BIP oder die Kapitalrendite (Return of Investment) –, nicht oder kaum jedoch die Erreichung der eigentlichen Ziele – wie das Wohlbefinden der Menschen und das Gemeinwohl – messen. Zudem unterstrich er, dass sowohl unser Geld- als auch unser Finanzsystem aus demokratischen Prozessen der Entscheidungsfindung weitestgehend ausgeklammert sind. 

 

… in der eigenen Organisation?
„Wir bräuchten ein neues Verständnis von CEOs, nämlich als Community Engagement Officers.“ 
Die Aufgaben von Führungskräften sollten neu gedacht werden, so lautete der Vorschlag einer Mitarbeiterin einer ethischen Bank. Ein konkretes Instrument zur Finanzierung gemeinwohl-orientierter Vorhaben präsentierte wiederum Max Ruhri, Mitglied der Geschäftsleitung der Freien Gemeinschaftsbank Basel, bei einem Workshop. Die Freie Gemeinschaftsbank vergibt seit vielen Jahren erfolgreich Treuhandkredite an soziale, solidarische und nachhaltige Unternehmen. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Crowd-Lending, also Darlehen mehrerer privater Investor*innen, und einem Bankkredit. In anderen Worten: Die Bank ist Teil einer größeren Gemeinschaft von Investor*innen. Welche Vorteile bietet dieses Modell? Unter anderem entstehen dabei zwischen Kreditgeber*innen und -nehmer*innen oft persönliche Beziehungen. Dies hat zur Folge, dass die Geldgeber den von ihnen finanzierten Unternehmen auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten beistehen. Zudem können die Investor*innen bei diesem Modell die Höhe ihrer Zinsen selbst wählen. Rund ein Fünftel verzichten darauf, die Mehrheit wählt einen Prozentsatz von 1,25% oder darunter. Gerade die persönliche Beziehung beeinflusst die Höhe der gewählten Zinsen entscheidend, unterstrich Max Ruhri in seinem Vortrag. 

 

… und auf persönlicher Ebene?
Was braucht der einzelne Mensch, die einzelne Mitarbeiterin in einer Bank, um mit der eigenen Arbeit einen Beitrag zum Gemeinwohl zu leisten? Diese Frage stand bei einem unserer eigenen Workshops im Zentrum, den ich gemeinsam mit Alfred Strigl leiten durfte. Dazu diskutierten wir das Konzept der Inner Development Goals (IDGs) und erforschten spielerisch den Einfluss der eigenen Geld-Biographie, die Bedeutung von Geld auf der ganz persönlichen Ebene und wie beides in den Beruf hineinwirkt. Hier Bewusstsein zu schaffen ist ein hilfreicher und wichtiger erster Schritt, lautete der Tenor der Teilnehmer:innen.

 

Alles in allem war die Teilnahme an der Summer School eine sehr schöne und inspirierende Erfahrung mit vielen neuen Eindrücken und Möglichkeiten zum Austausch. Die nächste Summer School findet vom 29. Juni bis zum 4. Juli in Bochum statt.

 

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[1] Derivate sind aus Rohstoffpreisen, Krediten, Zinsen, Währungen u.a. abgeleitete Finanzprodukte, die in den meisten Fällen der Spekulation, also der Erzielung hoher Profite dienen und hochriskant sind. Darunter fallen u.a. Devisenterminkontrakte, Zins- oder Credit Default Swaps (CDS) sowie diverse Optionen und Futures.