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Geld gemeinsam gestalten - mit Christine Gasser-Schuchter

Montag, 29. April 2024

Geld gemeinsam gestalten - mit Christine Gasser-Schuchter

Christine Gasser-Schuchter arbeitet in der Caritas Österreich im Beirat Spiritualität und Werte. Wenn Zeit bleibt, schreibt sie auf ihrem Blog heldinimchaos.com zu Literatur- und Familienthemen. Sie träumt gemeinsam mit anderen von der Eröffnung einer genossenschaftlichen Buchhandlung im 14. Wiener Gemeindebezirk.

 

Was bedeutet Geld für dich?

Ein Gestaltungselement. Wo wollen wir was – oder wem – wie(viel) Bedeutung zumessen? Wem geben wir dadurch Macht in die Hände und wird diese verantwortungsvoll im Sinne des Gemeinwohls ausgeführt?

 

Was bedeutet Gemeinwohl für dich?

Dass mehrere Menschen an einer guten Zukunft für alle - inklusive Schöpfung/Umwelt und inklusive der Beachtung von Kinderwohl - mitarbeiten.

 

Dürfen wir etwas mehr über dich erfahren, und warum du dich mit der Genossenschaft für Gemeinwohl für einen Wandel im Geld- und Finanzsystem engagierst?

Da ich Geld für den Dreh- und Angelpunkt so vieler Anliegen halte, liegt hier für mich auch der erste Ansatz, um Dinge zum Positiven zu verändern, anzuschieben oder eben bewusst aus bestimmten Kreisläufen auszusteigen. Wenn viele kleine Schritte gesetzt werden, entsteht ein neues großes Ganzes. By the way, schätze ich die Genossenschaft für Gemeinwohl auch als Demokratie-Werkstatt. Wie kommen wir zu einer guten Balance von individuellem Interesse und Allgemeinwohl/-interesse? Das ständig weiter zu entwickeln ist spannend und lustvoll.

 

Du bist Absolventin des letzten Zertifikatslehrgangs Geld und Gemeinwohl. Welche Inhalte findest du im Nachhinein besonders interessant?

Mehr oder weniger alles, was ich einsaugen durfte. Etwa der geschichtliche Abriss zur Geld-Entwicklung, der Einblick in die Makroökonnomie und welche herrschende und andere Theorie es zur aktuellen Inflation gibt, aber auch alternative Finanzierungskonzepte wie beispielsweise Mikrokredite, Vermögenspool, Crowdfunding. Insbesondere der Austausch mit der Gruppe und die Reflexionsmöglichkeit und unmittelbare Nähe mit vielen interessanten Fachleuten fand ich sehr bereichernd.

 

Was nimmst du aus dem Lehrgang mit?

Einzelne neue Sichtweisen. Geld darf und soll fließen? Ja, vielleicht. Zinsen sind vielleicht gar nicht so gut, wie sie scheinen? Ja, vielleicht. Oder etwa auch, dass Geld nicht immer mehr wird, sondern (sich) jeweils nur anders verteilt. Es gibt keine unendliche Vermehrung, jede Aktiva-Seite hat auch eine Passiva-Seite, selbst global gesehen. Das erklärt für mich auch, warum es sein kann, dass auf der einen Seite immer weniger Menschen immer mehr haben, während ganze Menschengruppen weiter verarmen. Und obwohl ich mich mit Geld und Finanzmarktpolitik schon länger beschäftige, war es doch ein Aha-Erlebnis, dass die Bank nicht quasi direkt die Spargelder der braven Sparer*innen verwendet, um die Kredite der Kreditnehmer*innen, z.B. den typischen Häuslbauer*innen, zu finanzieren. Es gibt unterschiedliche Gelder, es gibt Giralgeld, Buchgeld, Notenbankgeld, ... Wusste ich so nicht oder habe ich nicht beachtet. Der Lehrgang wirft schon alt gehegte Glaubenssätze um, aber – und das nehme ich jetzt mit – lässt auch neue entstehen.

 

Welche Anknüpfungspunkte gibt es zu deiner (aktuellen) Lebenssituation?

Für meine aktuelle Lebenssituation nehme ich mit, dass ich mich etwas aktiver in die Genossenschaft einbringen will, dass ich auch andere dazu ermutigen und ermuntern mag und vor allem, am besten das eigene Geld nicht unbehelligt einfach liegen lassen, sondern sich damit aktiv auseinander zu setzen. Was passiert, wenn nichts passiert? Weil…das ist ganz schön viel und vielleicht nicht in meinem Sinne. Wenn Vermögen vorhanden, dann empfehle ich Out-of-the-box-Denken. Vielleicht auch, über alternative Vermögens- und Anlageformen nachzudenken und die Bankberaterin/ den Bankberater darauf anzusprechen. Spannend ist aktuell auch das Projekt der Rückverteilung von Geld, wie es die Millionenerbin Marlene Engelhorn anstrebt, weiter zu beobachten. Davon abgesehen, würde ich allerdings vor allem Frauen allgemein nicht empfehlen, sich zu schnell von Geld zu trennen.

 

Mit Geld Gemeinwohl gestalten. Liest sich dieser Satz für dich heute anders als vor dem Lehrgang?

Ja, mit mehr konkretem Inhalt und trotzdem ohne Gewicht. Das heißt leichtfüßig, hoffnungsvoll und let's do it.