Hass im Internet? Nicht bei unserer Gemeinwohl-Prüfung!
Hass im Internet? Nicht bei unserer Gemeinwohl-Prüfung!
Anfang April durchlief das Projekt Maha Maya Center of Consciousness erfolgreich unsere Gemeinwohl-Prüfung im Crowdfunding für Gemeinwohl. Bis 30. Juni steht es nun auf gemeinwohlprojekte.at zur Finanzierung bereit. „Mahamaya – wie??“ war eine häufige Reaktion in unserer Genossenschafts-Community, als die Nachricht von diesem Projekt erstmals die Runde machte. Was aus den anfänglichen Vorbehalten geworden ist, finden wir so schön, dass wir hier einen Auszug des Forumsdialogs wiedergeben, der den individuellen Bewertungen unserer Mitglieder im Rahmen der Gemeinwohl-Prüfung voranging. Ein Musterbeispiel, das verdeutlicht, worum es dabei überhaupt geht: Dass alle Beteiligten in Bezug auf's Gemeinwohl dazulernen.
Genossenschaft für Gemeinwohl schreibt am 19.03.2021:
Willkommen bei der Gemeinwohl-Prüfung! Falls du noch Fragen zum Projekt hast, nutze bitte die Kommentarfunktion. Deine Bewertung kannst du dann mittels Schieberegler (1-10) und Unterstützungsbetrag eingeben. Anbei auch die Einschätzung unserer Expert*innen. Wir freuen uns auf einen regen Austausch und wünschen viel Glück und Vergnügen bei der Gemeinwohl-Prüfung.
Maha_Maya_C_Expertinnen_Einschaetzung_P_Lindenthal.pdf
Parvati Reicher schreibt am 22.03.2021:
Lieber Herr Lindenthal!
Vielen Dank für die ausführliche Einschätzung und ich möchte mich entschuldigen, dass die Rückmeldung etwas gedauert hat – wir konnten uns plötzlich nicht mehr einloggen, aber jetzt klappt alles wieder und wir stehen für alle Fragen zu Verfügung!
Geöffnet wird das Zentrum durchgehend sein. Auch die Monsun Monate sind in Kerala nicht so stark, dass gar kein Retreat stattfinden könnte. Nichtsdestotrotz haben wir sie kalkulatorisch weniger berücksichtigt. Wir rechnen im ersten Jahr mit einer zeitlichen Auslastung von 30%, im darauffolgenden Jahr mit 50% und danach mit 60%. Damit sind wir in unseren Berechnungen bei einer endgültigen Auslastung von ca 31 Wochen im Jahr (da ist der Monsun berücksichtigt und auch unterschliedliche Flugtage und damit Leerlauftage). Wir halten diese prozentuelle Auslastung für realistisch/konservativ, da vergleichbare Zentren in Europa oder Indien normalerweise für 2 Jahre im Voraus komplett ausgebucht sind. Viele schließen für mehrere Wochen, das haben wir aber durch die Verbundenheit mit dem Healing Home nicht geplant. Jedoch reduzieren sich die Fixkosten eklatant, wenn keine Gäste vor Ort sind.
Um die Kalkulation konservativ zu halten haben wir hier nur mit Einzelbelegung kalkuliert. Wir haben mit den Preisen des einfachsten Packages gerechnet, das inkludiert Unterbringung und Verpflegung, aber noch keine Zusatzleistungen. Es wird Packages geben, die sowohl touristische Ausflugsziele als auch spirituelle Zeremonien beinhalten, die dann natürlich teurer sind und auch mehr Gewinn bringen.
Die Fixkosten sind in Indien im Vergleich zu Österreich deutlich geringer. Damit erklärt sich die Umsatzrentabilität zum Großteil. Weiters habe weder ich noch meine KollegInnen hier in Österreich das Ziel sich durch das Projekt zu bereichern, damit bleiben auch bei höheren Gewinnen unsere Ausgaben stabil.
Ja, es gibt auch in Inden 20% Umsatzsteuer.
Das stimmt, wir haben ab 2024 keine großen Umsatzsteigerungen mehr miteinberechnet. Einerseits um bei einer konservativen Kalkulation zu bleiben, andererseits weil das Healing Home wachsen wird und wir über diese Kosten noch wenig sagen können.
Wir errechnen im Budgetplan die Möglichkeit der Rückzahlung. Nachdem bis Ende 2030 538.000 Euro zurückbezahlt werden können (nach unserer Kalkulation) beinhaltet das etwaige Zinsen.
Ja, die Fixkosten in Indien beinhalten all diese Kosten. Die Kostenstruktur in Indien ist mit Österreich nicht vergleichbar.
Wir haben uns bei der Planung der Baukosten auf eine nachhaltige Bauweise fokussiert, die auch immer die Langlebigkeit der Materialien im Blick hat. Selbstverständlich wird man aber Reinvestieren müssen, da haben Sie recht. Auch hier sind die Kosten aber deutlich geringer anzusetzen, als das in Österreich zu erwarten wäre.
Die Buchungen der Zimmer erfolgen über das "Head Office" in Österreich, d.h. direkt bei uns. Wir bespielen Vertriebskanäle über Homepage, Facebook, LinkedIn, Instagram und GoogleAds. Wir nehmen Kontakt mit einschlägigen Reiseveranstaltern auf aber auch selbst mit Yogainstituten, etc. Es gibt jetzt schon – obwohl das Marketing noch nicht richtig angelaufen ist – schon mehrfache Interessensbekundungen von Gruppen, die jedenfalls gerne mit ihrer Gruppe kommen möchte. Die Kontakt dazu bestehen zT schon seit Jahren und werden sukzessive ausgeweitet. Hier werden wir von einer Expertin für Marketing und Sales unterstützt.
Wir haben uns bei der Planung der Bauten vor allem auf die Nachhaltigkeit der Materialien konzentriert und sind damit bei einer alt-indischen Bauweise gelandet (Lehmbauten, Terrakottaziegeln). Unser Architekt hat inzwischen eigens eine Fortbildung für diese Bauweise besucht. :-) Insgesamt sind diese Materialen auch deutlich billiger als zB Betonbauten.
Unser Finanzierungsbedarf liegt bei 310.000 Euro. Die 39.060 sind die Abwicklungsgebühr der Gemeinwohl Genossenschaft. Die Summe 538.000, die sich im Budgetplan findet, stellt die mögliche Finanzierungssumme dar und beinhaltet dann mögliche Zinsen.
Das Grundstück wurde über Eigenmittel finanziert und ist im Besitz der Maha Maya Center of Consciousness Private Limited. Dieses Unternehmen wiederum ist zu 90% im Besicht von mir, Parvati Reicher.
Ich wäre Kreditnehmer des Nachrangdarlehens. Meine österreichische Steuerberaterin empfiehlt, dass ich dann einen Kredit an das indische Unternehmen vergebe, der dann vom indischen Unternehmen an mich zurückbezahlt wird und von mir an die Gemeinwohl Genossenschaft.
Selbstverständlich habe ich eine Steuerberaterin hier in Österreich. Wir haben aber den erwähnten Steuerberater in indien, der sich jetzt bereit intensiv um die Angelegenheiten des Unternehmens kümmert. Er übernimmt alle Agenden der Registrierung, der Buchführung, alle steuerlichen Angelegenheiten, etc. Darüber gibt es einen Notar/Anwalt, der bei allem notwendigen hilft. Und der indische Geschäftsführer übernimmt das notwendige Management des Retreat Centers. Es besteht an dieser Stelle bereits ein gut eingespieltes Team.
Was das Healing Home betrifft, werde ich viel Zeit in Indien verbringen um mit den Frauen zu arbeiten, aber natürlich wird es vor Ort Sozialarbeiter, Psychologen und Ärzte geben. Wir haben auch bereits die Zusage verschiedener Ärzteteams aus Österreich, die regelmäßig im Zentrum unterstützen werden.
Sie haben recht, es gibt natürlich bereits die Möglichkeit in Indien und Kerala Yoga Retreats zu buchen, jedoch nicht in unserem Preissegment. Wir bieten gute Ausstattung in einer sicheren Anlage zu einem erschwinglichen Preis. Die meisten Zentren, die man findet sind eher in der Luxuskategorie angesiedelt, weil es häufig das ist, was der Europäer sucht. Für uns steht aber explizit die Einfachheit im Vordergrund, da es diese Einfachheit ist, die in uns die Bereitschaft weckt und tief mit uns selbst auseinanderzusetzen.
Wir planen nicht damit, dass die Frauen aus dem Healing Home im Retreat Center mitarbeiten, da für uns in der Arbeit mit diesen Frauen etwas ganz anderes im Vordergrund steht und zwar das Ausheilen der Frauen und das Wiederherstellen oder Wiederfinden ihrer Würde.
Wenn die Frauen in der Permakultur mitwirken, dann um ihrem Tag einen ruhigen Rythmus zu geben, um die down-to-earth Erfahrung des Pflanzens und Erntens zu machen, damit sie sich selbst mit Nahrung versorgen können, um den eigenen Wert und die Wichtigkeit der eigenen Tätigkeit zu erkennen, aber nicht um für die Retreat Gäste Essen zu ernten.
Es stimmt, dass der Hauptfokus in der Finanzierung momentan am Retreat Center liegt, aber das Healing Home wird parallell dazu entstehen und wachsen. Schon zu Beginn wird es drei kleine Häuschen geben, sukzessive werden es mehr werden, es wird eine Schule entstehen. Es wäre sowohl finanziell als auch logistisch nicht möglich, dass Healing Home im gleichen Tempo hochzuziehen wie das Retreat Center, dennoch wird es von Anfang an Bestehen, da die Begegnungen dieser Personengruppen mit "scheinbar" unterschiedlichen Problemen einen Kernpunkt des Zentrums darstellt.
Ich danke Ihnen herzlich für die ausführliche Einschätzung und freue mich auf weitere Diskussionen.
Alles Liebe,
Parvati Reicher
Anna Erber schreibt am 20.03.2021:
Liebe Parvati Reicher,
meinerseits habe ich die Bitte, ob du vielleicht auch noch etwas zu etwaigen Lokalisierungsbestrebungen des Projekts sagen könntest. Für mich ist der große Wermutstropfen dieses ansonsten so unglaublich schönen Projekts, dass der Geschäftsplan, so wie ich ihn verstehe, systematisch darauf aufbaut, dass möglichst viele Menschen von hier nach da – fliegen.
Vielleicht zu meinem Hintergrund: Ich habe mich leider – wie es sicher vielen passiert – von klein auf stark ausgelaugt bzw. auslaugen lassen und gehe jetzt täglich mit den (ich behaupte: auch irreversiblen) Folgen um. Ich bin kinderlos, hab aber denke ich doch auch recht mütterliche Züge. Mag sein, dass ich aus diesen Gründen schneller mit der Auslaugung und Zerstörung der Ressourcen von Mutter Erde – u.a. durch Flugverkehr – in Resonanz gehe als manch anderer. Ich bin mir auch unsicher, ob ich deshalb bloß eine total verzerrte Wahrnehmung der Verhältnismäßigkeit des Projekts hab, oder eine valide Meinung von vielen, oder beides ... Immerhin schützt und stärkt das Projekt ja langfristig viele viele Frauen – hier wie da – und durch die Permakultur auch einen konkreten "Flecken Erde", was der Heilung all dessen, was zu heilen ist, wohl nur zuträglich sein kann.
Herzliche Grüße und in jedem Fall alles Gute,
Anna
ps: Vielleicht sollte ich noch dazusagen, dass ich in der GfG arbeite und mein Verständnis des Geschäftsplans aus den ersten internen Vorgesprächen, die ich am Rande mitbekommen habe, beziehe. Sollte sich seither an deiner langfristigen Vision bzgl. Besucherzielgruppen etwas geändert haben, ist mein Kommentar hinfällig! Eine Klärung fände ich jedenfalls hilfreich.
Parvati Reicher schreibt am 22.03.2021:
Liebe Anna,
Vielen Dank für das wichtige Aufgreifen dieses Punktes der Reisen von Europa nach Indien und ich entschuldige mich für die späte Antwort, wir hatten leider ein kleines Problem mit dem Login.
Uns ist sehr bewusst, dass dadurch Flugkilometer generiert werden, aber wie du schon richtig geschrieben hast, geht es um die Begegnung der westlichen Bevölkerung mit der indischen Bevölkerung – dafür muss irgendjemand ins Flugzeug steigen. Das Zentrum entsteht aus meiner Vision heraus in Kerala, nicht nur weil ich selbst indische Wurzeln habe, sondern weil die Verletzungen der Frauen gerade in Indien eine tiefe Geschichte haben. Verletzungen passieren weltweit und wenn wir dazu beitragen möchte, diese auszuheilen, muss es einen Ort der Verbindung geben. An einem Ort, wo die Verletzungen so offensichtlich sind, ist die Erfahrung des Ausheilens umso intensiver möglich, deshalb entsteht das Zentrum in Kerala.
Ich pflichte dir absolut bei, dass wir auch was Reisen angeht wegkommen müssen von einer Konsumgesellschaft. Aber Reisen, die für das eigene Leben und das eigene Sein einen Sinn machen und der Unterstützung anderer dienen, werden wichtiger denn je.
Es ist ganz klar Teil unserer Geschäftsplans, dass die Menschen, die ins Zentrum reisen, diese Verbundenheit mit den indischen Frauen erleben und auch das einfache Leben dort erkennen. Der Yoga Tourismus hat diese ursächliche Intention nach Indien zu reisen etwas weggedrängt, doch dahin möchten wir zurück. Das Zentrum wird zusehends wachsen und wir wachsen mit. Dafür ist ein Geschäftskonzept notwendig, dass den Frauen die kommen um auszuheilen eine langfristige Finanzierung bietet.
Wir bieten diese langfristige Finanzierung indem wir Menschen aus dem Westen, die Möglichkeit bieten selbst zu wachsen und zu heilen. Dafür ist es gut, wenn Reisen möglich sind und bleiben.
Ich danke dir,
Alles Liebe,
Parvati
Sebastian Zilles schreibt am 20.03.2021:
Liebe Frau Parvati Reicher,
liebe Gemeinwohlprüfer*innen,
Das Hilfscenter und die Permakultur hat natürlich sehr viel mit der Gemeinwohl-Idee gemeinsam.
Die extreme Distanz zwischen dem Angebot und der Nachfrage, im Fall des Retreat Centers, entspricht nicht meiner Vorstellung von Gemeinwohl. Denn Gemeinwohl ist ganz stark in der Gemeinde, der Umgebung verwurzelt.
Aus der Beschreibung geht für mich hervor, dass zuerst das Retreat Center eröffnet wird, und im weiteren Verlauf die beiden anderen Projekte realisiert werden. Damit ich weiß, für was mein Geld verwendet wird, würde ich mir einen Ablaufplan wünschen.
Das Konzept, westliche Gäste zu beherbergen und gleichzeitig Hilfesuchenden Schutz zu geben und dazu am selben Ort, ist, glaube ich, einzigartig.
Für mich ist die Betreuung von Gästen und die Hilfe für Schutzbedürftige komplett verschieden. Gibt es hier ausgebildetes Personal für die Betreuung der Frauen und Kinder?
lg sebastian
Parvati Reicher schreibt am 22.03.2021:
Lieber Sebastian,
Danke für dein Kommentar und bitte entschuldige die Verzögerung bei meiner Antwort.
Ich danke auch Dir für das Aufgreifen des Themas, der Distanz zwischen den Zentren. Es ist auch in mir ein Thema, dass mich zum Nachdenken anregte. Es ist mir ein absolutes Anliegen wegzukommen von reinen Konsumreisen. Bei den Reisen, die unsere Gäste jedoch unternehmen, handelt es sich um Reisen zu sich selbst. Die Einfachheit der Umgebung, die Verbundenheit mit den indischen Frauen, unterstützt uns dabei.
Es ist auch meine Geschichte, die sich hier widerfindet und aus meinem Gefühl fokussiert sich das Gemeinwohl (auch) auf Nachhaltigkeit – wir können uns heute nicht mehr isoliert betrachten. Alles auf der Welt hängt zusammen. Jedes Leid hat Auswirkungen und so werden Reisen, die zur Linderung dieses Leides beitragen immer wichtig sein.
Dass wir in unserem Tun nach Gemeinwohl streben darf sich meiner Ansicht nach nicht nur auf das eigene Land beschränken, sondern es geht immer um Menschen und um das Bestreben die Welt über alle Grenzen hinweg weiterzuentwickeln. Wenn wir erkennen, wie alles miteinander verbunden ist, können wir auch erkennen, wie wir uns gegenseitig in der Heilung unterstützen.
Wir leben im Zentrum ähnlich wie in einem Ashram, wir sind achtsam, naturverbunden, leben nachhaltig und in Ruhe – das gilt für die Retreat Gäste ebenso wie für die indischen Frauen. Selbstverständlich wird es vor Ort geschultes Personal geben, Sozialarbeiter, Psychologen und Ärzte. Wir haben auch schon die Zusage mehrere Ärzteteams aus Wien, dass sie regelmäßig im Zentrum unterstützen werden. Darüber freuen wir uns außerordentlich. :-)
Alles Liebe,
Parvati
Josef Wenda schreibt am 21.03.2021:
Liebe Projektwerber*innen!
Liebe Vorprüfer*innen in der GfG!
Ich stehe dem Projet eher skepktisch gegenüber, weil dadurch jede Menge Flugkilometer generiert werden. Für mich scheitert das Projekt schon beim ersten Punkt "kontroverses Umweltverhalten". Ich kann nicht einfach ausblenden, dass das Projekt insgesamt nur funktioniert, wenn zig Leute im Jahr von hier nach Indien fliegen, um dort Urlaub zu machen.
Wurde überlegt, eine CO² Kompensation für die entstehenden Flüge ins Konzept zu integrieren?
10.000 m² klingt zwar auf den ersten Blick viel, es sollen aber auch viele verschiedene Nutzungen am Grundstück stattfinden. Außer einer vagen Skizze im Konzept finde ich keine genaueren Infos, wie die Grundstücksnutzung aussehen soll. Gibt es dazu einen Nutzungs- bzw. Bebauungsplan?
Würde der Bau in Österreich stattfinden, würden wir auch Fragen nach ökologischem Bauen stellen. Wie schauen die Vorhaben, Pläne dazu aus?
In einem der Expert*innenurteile heißt es: "Für den gewinnorientierten Teil des Projektes wird eine gerechte Bezahlung der lokalen Arbeitskräfte vorausgesetzt." Im Projektplan findet sich dazu allerdings keine konkrete Aussage.
Und zuletzt: wie schauen die Darlehnsverträge genau aus? Wer ist Darlehnsnehmer*in? Gibt es Sicherheiten?
Liebe Grüße
Josef
Parvati Reicher schreibt am 22.03.2021:
Lieber Josef,
Ich danke dir für deine Bedenken, die ich verstehe und schätze. Trotzdem gebe ich seit mehr als 20 Jahren Seminar, in Österreich, Europa und Indien. Nirgendwo sonst habe ich erlebt, dass Teilnehmer so tief berührt werden wie in Indien. In diesem Land, wo alles fremd ist, wo man sich oft nichtmal ganz sicher fühlt, entsteht so eine immense Bereitschaft an sich zu arbeiten. Nie habe ich mit meinen TeilnehmerInnen einen Tourismus Urlaub gemacht - ich führe sie immer zu dein einfachen, stillen Plätzen, die eine tiefe Erkenntnis möglich machen. Auch im Retreat Center haben wir einfache Quartiere und ganz viel Ruhe, in einer sehr sicheren Umgebung, damit sich westliche Gruppen sicher fühlen können und ein Rundum-Package erhalten, dass sie sich in dem fremden Land zurecht finden lässt.
Kein Seminar hat die Menschen bisher so sehr berührt wie ein Indien Seminar. Reisen aus solch tiefen Gründen und um dem eigenen Weg zu folgen, werden immer ihren Sinn haben.
Die CO² Kompensation finde ich eine schöne Anregung, danke dafür. Wir werden das intern diskutieren.
Der Grund wird dreigeteilt sein. Ca. 4000 m² stehen für das Retreat Center zu Verfügung. Die übrigen 6000 m² für Permakultur und Healing Home. Umgrenzend gibt es noch Gründe um in Zukunft unter Umständen auch erweitern zu können. Im Anhang des Projekts findet sich ein Grundrissplan des Architekten, dabei haben wir auf die Gegebenheiten am Grundstück ebenso Rücksicht genommen, wie auf den Altbaumbestand, den wir erhalten werden, Jackfruit Trees, Mangobäume, Kokosnusspalmen bieten nicht nur schatten, sondern können auch gleich beerntet werden. :-)
Nachdem ich erst vor einer knappen Woche aus Indien zurückgekehrt bin, haben auch die letzten Verhandlungen über den Bau gerade erst stattgefunden. Wir sind froh, dass wir den aktuellen Grundriss so schnell erhalten haben, um ihn hier mit einreichen zu können. :-)
Danke für die Nachfrage zur Bauweise. Es war uns ganz besonders wichtig nachhaltige Materialien zu verwenden und so sind wir nach Verhandlungen mit dem Architekten bei einer alt-indischen Bauweise gelandet (Lehmbauten, Terrakottaziegel). Dabei legen wir auch besonderen Wert auf die Langlebigkeit der Materialien, da es sich ja um viel genutzte Räumlichkeiten handelt. Wir werden am Grund eine Müllverwertung installieren, wie man sie in Indien bisher kaum kennt. Wir sorgen für nachhaltige Materialien und Einkäufe im täglichen Tun, wenig Verpackungsmaterial und faire Entlohnung und Unterbringung der indischen ArbeitnehmerInnen. Wir nutzen Solarenergie und bauen mit der Permakultur nachhaltig an.
Um nochmal auf die Nachfrage bzgl. der indischen Arbeitskräfte Stellung zu beziehen, möchte ich nochmal betonen, dass uns das ganz besonders am Herzen liegt. Wir zahlen überdurchschnittlich gut und achten auch bei der Unterbringung auf überdurchschnittlichen Komfort. Wir wollen Mitarbeiterin aus der Region beschäftigen und damit ihnen und ihren Familien eine Lebensgrundlage bieten. Der Erfolg des Unternehmens sichert auch das Einkommen dieser Familien und wir sind uns dieser Verantwortung sehr wohl bewusst.
Darlehensnehmerin bin ich, Parvati Reicher. Es ist eine mit Risiko verbundene Investition. Da jedoch das Grundstück bereits gekauft wurde und aufgeschlossen wird, steigt der Wert desselben rapide an.
Alles Liebe,
Parvati
Anna Erber schreibt am 22.03.2021:
hallo miteinander,
ich bin dankbar für die Kommentare, wenngleich ich ein wenig Bauchweh mit dem "Zerpflücken" hab – ich möcht dran erinnern, dass wir ja auch von der FMA abgelehnt wurden (offiziell), weil wir die Bank noch nicht schlüsselfertig im Antrag stehen hatten. Das finden wir absurd, weil man ein Projekt auch dann angeht, wenn noch Dinge offen sind und unterwegs geplant werden. Über die sinnvollen Dimensionen lässt sich natürlich diskutieren ...
Josef, ich möcht zu einem deiner Punkte was sagen – bei dir klingt es ein wenig so, als würden die Besucher dort hinfahren, um sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen. Retreat-Konzepte, die ich kenne und mag, schließen das zwar nicht aus, aber ich erlebe Retreats als Arbeit.
Man übt üblicherweise eine Methode aus, die vom Kopf in den Körper führen soll, also den Gedankenfluss beruhigen, die eigenen Gefühle wieder wahrnehmen und artikulieren können, sich selbst besser kennenlernen, seinen Selbstwert sehen etc. Das ist ja auch so beschrieben. Dass dann rundherum ein ruhiger strukturierter Alltag plus Kontakt zur Natur ist, soll unterstützen, das Gelernte – das Innehalten – auch umzusetzen.
Üblicherweise wird man eingeladen, beim Ausüben der Methode nur so viel Energie einzusetzen, dass es leicht geht oder man sich jedenfalls nicht überfordert. Fakt ist, es braucht einen Energieeinsatz, und für mich ist das Arbeit! (ok – andere spielen, aber da bin ich persönlich leider noch nicht ganz ...)
Parvati Reicher schreibt am 22.03.2021:
Liebe Anna,
Ich danke dir für einen Kommentar und freue mich, dass du mit dem Bereich der Retreats so viel anfangen kannst <3
Du hast recht, vieles ist noch im Entstehen. Es ist eine Vision, die stetig gewachsen ist und dies auch noch weiter tut.
Wir empfinden all die Kommentare hier als außerordentlich hilfreich, um da und dort noch genauer hinzusehen. Dinge genauer erklären zu können und so mehr Transparenz zu schaffen. Auch wenn wir jetzt vielleicht noch nicht alles abschließend beantworten werden können, so bemühen wir uns doch alles aufzugreifen und da und dort nachzuschärfen, wo es notwendig ist.
Du hast recht, dass ein Retreat dieser Art kein Urlaub ist. Es ist eine immense Erfahrung bietet enorm viel Potential, es ist eine Gelegenheit tief in uns und in das SEIN einzutauchen - so kann Veränderung passieren.
Ich danke dir,
Parvati
Anna Erber schreibt am 22.03.2021:
Liebe Parvati,
danke für die Antworten – für mich nicht nur klärend, sondern eine echte Bereicherung.
Ich war schon drauf und dran zu schreiben, dass es ja auch innerhalb Indiens westlichen Lebensstil gibt, und nicht zu knapp ... Aber nein, er hat nun mal von hier seinen Ausgangspunkt genommen, und die indischen Frauen werden so doppelt und dreifach ausgebeutet.
Ich fange mit deiner Erklärung plötzlich an zu verstehen, warum Indien so ein Zentrum für Spiritualität ist, darüber habe ich mich früher immer wieder mal gewundert ... Das Projekt macht sowas von Sinn – danke nochmal.
Anna
Parvati Reicher schreibt am 22.03.2021:
Danke liebe Anna!
Ich freue mich sehr über deine Nachricht <3
Thomas Mönius schreibt am 23.03.2021:
Liebe Parvati,
ich finde Dein Projekt wirklich förderungswürdig. Eine gute Idee finde ich, dass die Gäste den nötigen Flug zumindest "sinnvoll kompensieren" können. Vielleicht könnt ihr da direkt ein Projekt initiieren und mit anbieten. Ich denke, dass die potentiellen Gäste genug Bewußtsein haben, um auf eine solche Idee einzugehen.
Viel Erfolg!
Thomas
Parvati Reicher schreibt am 24.03.2021:
Lieber Thomas,
Vielen Dank für dein schönes Feedback und deine Anregung zum CO2-Ausgleich. Wir sind intern schon in Diskussionen, wie wir das gut umsetzen können und möchten schon fast versprechen, dass wir da etwas kommen wird. :-)
Alles Liebe,
Parvati
Christina Buczko schreibt am 25.03.2021:
Hallo,
ich finde grundsätzlich, dass interkultureller Austausch und das Kennenlernen anderer Lebens- und Denkweisen nicht nur das Leben von einzelnen, sondern auch alle unsere Gesellschaften insgesamt auf eine sehr wertvolle Art und Weise bereichern - und es uns auch in "unseren" Regionen erleichtert, offener auf andere Menschen zuzugehen. Ich selbst hatte das Glück, gleich einige Jahre im fernen Ausland zu leben. Hätte ich das nicht, wäre ich heute jemand anderer.... In diesem Sinne finde ich dieses Projekt sehr unterstützenswert!
Liebe Grüße, Christina
Parvati Reicher schreibt am 26.03.2021:
Liebe Christina!
Vielen Dank für dein Kommentar! Wir freuen uns sehr darüber. :-)
Alles Liebe,
Parvati
Parvati Reicher schreibt am 01.04.2021:
Liebe Christina!
Es ist mir ein Anliegen, etwas Wichtiges, das du geschrieben hast noch einmal aufzugreifen. Du hast vollkommen recht, dass der Austausch und das Kennenlernen anderer Kulturen unser Menschsein verändert. Das Erleben der Welt in der Ferne macht uns erst bewusst, dass es uns tangiert, uns alle betrifft was mit den Menschen rund um der Erde passiert.
Erst dadurch bekommen wir die Möglichkeit zu begreifen, dass alles eins ist, dass wir die Themen, die uns im Leben begleiten, nicht isoliert betrachten können, sondern, dass alles was wir tun und erleben uns als Menschen betrifft, dass alles zusammenhängt. Durch solche Erfahrungen und Erlebnisse kann die Menschheit und jeder Einzelne wachsen.
Als ich gerade in Indien war, musste ich zur Abklärung der Zufahrtstrasse des Grundstücks zu den weitentlegenen Nachbarn. Da gibt es ein Haus, dass eigentlich nur aus Außenmauern besteht und als Dach nur eine Folie hat. Kein WC, kein Strom, nichts. Eine Familie mit 3 Kindern lebt dort. Es ist in dieser Gegend die einzige Familie, die in so ärmlichen Verhältnissen lebt. Ich hatte keine Zeit meine 4-jährige Tochter darauf vorzubereiten. Sie spricht die Sprache dieser dort lebenden Kinder nicht, aber sie gab allen eine Umarmung. Sie hat kein Wort zu mir gesagt, hat sich nur leise umgesehen. Zurück im Auto hat sie völlig unerwartet zu mir gesagt: Mami, ich glaube wir müssen ihnen ein paar meiner Spielsachen bringen, weil sie haben keine. Und sollen wir in den Supermarkt gehen und für sie einkaufen, damit sie zu essen haben? Meine Tochter ist erst 4, aber ohne dass ich ihr irgendetwas beibringen musste, wusste sie was miteinander und füreinander bedeutet. Ich war so dankbar sie so zu erleben und habe für mich gefühlt, wie wichtig es ist, die scheinbaren zwei Seiten der Welt zusammenzubringen, damit beide Seiten heilen und zu einer Einheit werden.
Alles Liebe,
Parvati
Thomas Reichmann schreibt am 27.03.2021:
Ich freue mich über den ausführlichen Dialog hier in den Kommentaren. Hilft mir das Projekt noch besser zu be-greifen. Die wertschätzenden Antworten lösen bei mir Vertrauen aus – in eine tiefe Gemein(sames)wohl-Haltung. Dass die Anregung eines CO2-Auslgeichs gleich aufgegriffen wurde gefällt mir sehr :)
Parvati Reicher schreibt am 29.03.2021:
Lieber Thomas!
Vielen lieben Dank für dein wertschätzendes Kommentar.
Alles Liebe,
Parvati
Parvati Reicher schreibt am 01.04.2021:
Lieber Thomas!
Es ist mir ein Bedürfnis auch hier noch einmal anzuschließen, weil ich – glaube ich – hier noch nicht betont habe, wie sehr ich den Austausch in dieser Gruppe zu schätzen weiß.
Susanne Gaspar schreibt am 01.04.2021:
Ich finde die Idee, ein einfaches retreat anzubieten und damit – mit den Gewinnen – indische Frauen und Kinder zu unterstützen, sehr gut. Auch Begegnungszonen zwischen den 2 Welten halte ich für förderlich. Ich habe eine ganz banale Frage zur Sicherheit: Ist das Gelände geschützt? Wie sieht es mit der Religion aus? Kann so ein "interreligiöses Zentrum" (so hab ich es verstanden) nicht den Hass von gläubigen Hindus hervorrufen? Oder von Moslems? Und werden die Besucherinnen des Retreats nur auf dem Gelände bleiben oder auch die Umgebung besuchen? Liebe Grüße, Susanne
Parvati Reicher schreibt am 02.04.2021:
Liebe Susanne!
Was für eine umsichtige Frage. Vielen Dank!
Nun im Gegensatz zu Nordinidien ist Kerala multireligiös, das heißt es leben Hindus, Muslime und Christen tatsächlich friedlich nebeneinander.
27% Muslime, 18% Christen und 55% Hindus, um genau zu sein.
Und auch wenn in einer Stadt eine Moschee neben einer Kirche und einem Tempel zu finden ist, so gibt es auch manchmal Viertel in denen eine Religion ausgeprägter ist. So können wir sagen, dass rund um das Maha Maya Center viele Christen leben, und am Sonntag Morgen werden christliche Gesänge über unser Land erklingen, denn eine große Kirche spielt den Gottesdienst, wie in Indien üblich, über den Lautsprecher.
Dass wir einen Tempel errichten, der dem Sanatan Dharma gewidmet ist, ist nun schon ortsbekannt. Da im Sanatan Dharma das Leben an sich, also die Schöpfung gehuldigt wird, wird es als Ausgangspunkt aller Religionen verstanden und respektiert.
In der Belegschaft sind ebenfalls Menschen aller Religionen vertreten.
Das unterstreicht aus meiner Sicht den Grundwert der Einheit und das achtsame Miteinander für das unser Zentrum steht.
Zu Deiner Frage der Sicherheit:
Abgesehen davon, dass das Zentrum schon allein wegen der Tiere gut umzäunt ist, gibt es auch Tag und Nacht 2 Security Guides auf unserem Land, wie es in Indien durchaus üblich ist.
Auf der Seite des Healing Homes werden wir einen extra Zaun errichten. Hier gibt es eine kleine Chicken Farm, das heißt eine kleine Aufzucht Station für Küken am Nebengrund. Auf dieser Seite errichten wir einen 4 Meter hohen Zaun. Der Zaun wird ganz verwachsen sein mit einer dauerblühenden Hecke. Das soll dazu dienen einen absoluten Sichtschutz für unsere Frauen zu gewährleisten.
Die Gegend rund um unser Land besteht aus einem Wald (in dem sogar wilde Elefanten leben). Diese Wälder sind gesperrt, was einen zusätzlichen Schutz für uns darstellt. Direkte Nachbarn gibt es nicht, da rund herum Rubber Trees angebaut werden.
Es ist ländlich ruhig. Fremde Menschen die aus spirituellen oder sozialen Gründen reisen werden sehr respektiert. Abgesehen davon werden wir voraussetzen, dass unser Seminarbesucher sich dem indischen Kleidungsstil anpassen, wenn sie nach Außen gehen. Das heißt keine Shorts und keine knappen Shirts. Das ist unsere Voraussetzung wenn man unser Zentrum buchen will, das wird in unserem Vertrag festgehalten sein.
Entschuldige die lange Antwort, zum Schluss noch mal knapp:
Sowohl die Bewohnerinnen des Healing Homes wie auch die Seminargäste werden im Zentrum sehr sicher sein. Und natürlich auch auf Ausflügen oder beim Spaziergang in der wunderschönen Landschaft rund um das Maha Maya Centers. Lieben Dank für die schöne Frage.
Alles Liebe,
Parvati
Parvati Reicher schreibt am 04.04.2021:
Grüß Euch,
Mit einem feierlichen Homam geweiht, ist das Maha Maya Land nun bereit zum Start.
Heute Morgen zogen der Klang österlicher Glocken einer nahe gelegenen Kirche ebenso wie der Klang der Tempelglocken über das Land.
Nach der österlichen Ruhe geht es an den Baustart!
Ich bedanke mich aus ganzem Herzen, dass ihr Euch Zeit genommen habt über dieses Projekt nachzudenken, es zu lesen und auch zu kommentieren.
Es war für mich eine gute Erfahrung und lies mich spüren, warum es "Gemeinwohl" heißt.
Ein gesegnetes Osterfest Euch allen und herzliche Grüße,
Parvati