Commerzialbank Mattersburg – die Lehren aus dem Skandal
Commerzialbank Mattersburg – die Lehren aus dem Skandal
In der Woche von 12. - 16. Oktober fanden im Rahmen der Akademie für Gemeinwohl in Wien, Linz, Graz und Eisenstadt und Wien öffentliche Vorträge von Genossenschaftsvorstand Fritz Fessler zum Thema „Commerzialbank Mattersburg – die Lehren aus dem Skandal“ statt. Am darauffolgenden Montag rundeten Vortrag und Diskussion per Videokonferenz die Reihe ab.
Die in den letzten Monaten in den Medien omnipräsente Burgenländische Lokalbank diente Geld-Experte Fessler als Fallbeispiel, um sich gemeinsam mit dem Publikum folgenden Fragen zu widmen: Wie kann ein solcher Bilanzskandal in einer Bank so lange unentdeckt bleiben? Wie müsste die Aufsicht organisiert sein, um wirksam einschreiten zu können? Worauf können Bankkund*innen achten, um nicht selbst zu Geschädigten zu werden?
Die Vorträge in Wien und in den drei Landeshauptstädten wurden von den jeweiligen Regionalgruppen der Genossenschaft für Gemeinwohl unter Einhaltung der zu diesem Zeitpunkt geltenden Corona-Richtlinien organisiert. Bedenkt man diese erschwerten Umstände, war das Interesse an den Veranstaltungen beachtlich.
Besonders lebhaft gestaltete sich die Diskussion im Burgenländischen Volksbildungswerk in Eisenstadt (Bild), bei der die zwei Vorstände einer lokalen Raiffeisenbank anwesend waren sowie ein Bankenprüfer und ein im Untersuchungsausschuß zur Causa Mattersburg agierendes Mitglied der Grünen.
Fritz Fessler: „Da durfte auch ich noch dazulernen, denn den Fall der Commerzialbank Mattersburg selbst habe ich ja auch nur über die Medien mitverfolgt. Es war ein sehr interessanter Abend, es sind alle höchst zufrieden über diesen Austausch nach Hause gegangen.“
Inhaltlich kann man zusammenfassen, dass die Schädigung von Kund*innen im Kern wohl auf kriminelle Handlungen von einzelnen Personen zurückzuführen ist. Der Fall hat aber auch aufgezeigt, dass im Zusammenspiel der Prüfungsinstanzen Wirtschaftsprüfer, FMA und Nationalbank – und im Falle von Verdachtsmomenten auf kriminelles Handeln auch der Staatsanwaltschaft – Verbesserungspotential steckt. Die jeweilige Verantwortung wird aktuell in Gerichtsverfahren geklärt, auf die Urteile kann man gespannt sein. Dass sie auch Anregung sein werden, Schwachstellen im System der Bankenaufsicht zu beheben, bleibt zu hoffen. Wir als Genossenschaft für Gemeinwohl bleiben dran, und werden uns kritisch und wertschätzend – je nach Sachlage – dazu äußern.
Nach Analyse der bisher vorliegenden Informationen nannte Fritz Fessler im Rahmen der Vorträge einige konkrete Vorschläge für Verbesserungen:
- Begrenzung des Mandats für einen von der Aufsicht bestellten Wirtschaftsprüfer auf drei Jahre
- Haftung von Wirtschaftsprüfern, z.B. unlimitiert für 20 % des entstandenen Schadens
- Einführung eines Registers für Forderungen auf dem Interbankenmarkt
- mehr Transparenz der Banken durch monatlichen Ausweis von KPIs (Key Performance Indicator – Kennzahl, die die Leistung einer Tätigkeit beschreibt)
Als Bankkund*in sollte man sich jedenfalls auf eine funktionierende Bankenaufsicht verlassen können, weil es vertiefter Fachkenntnis bedarf, die Gebarung einer Bank im Detail zu beurteilen. Worauf man auf jeden Fall selbst achten kann, ist, für welche Zwecke eine Bank ihr Privileg, neues Geld in die Welt zu bringen, nutzt – also die Möglichkeit, Kredite zu vergeben. Bekomme ich Informationen darüber? Und welchen Beitrag leiste ich mit meinem Geld, das ich von meiner Bank verwalten lasse, während ich es selbst nicht benutze?
Darüber hinaus kann es hilfreich sein, sich schrittweise mehr Wissen und Verständnis für das Geld- und Finanzsystem sowie die Rolle der Banken darin zu holen, um Aussagen von Werbung, Öffentlichkeitsarbeit und Presseberichterstattung im Lauf der Zeit besser einschätzen zu können. Die Genossenschaft für Gemeinwohl bietet hierzu auch weiterhin Möglichkeiten mit ihrer Akademie für Gemeinwohl an – z.B. mit Vorträgen wie diesem, und mit der Möglichkeit sich untereinander und mit Expert*innen auszutauschen.