Umfrage zur Nationalratswahl
Umfrage zur Nationalratswahl:
Parteien befürworten Finanztransaktionssteuer, Trennbankensystem und Ethikbanken-Förderung
Im Unterschied zu den vergleichsweise vage gehaltenen Wahlprogrammen fielen die Antworten der Parteien auf eine Umfrage der Genossenschaft für Gemeinwohl gemeinsam mit dem Förderungsverein der Primärbanken etwas konkreter und detaillierter aus, was erfreulich ist. Klare Ansagen gab es zu den Themen Trennbankensystem, Insolvenzrecht, asymmetrische Regulierung je nach Bankengröße und Finanztransaktionssteuer. „Hilfreich wäre eine so konkrete Festlegung auch in den Wahlprogrammen, damit die Wählerinnen und Wähler auch wissen, was sie wählen“, kommentiert Genossenschafts-Mitbegründer Christian Felber. Ausgesendet wurden die Fragen an SPÖ, ÖVP, FPÖ, Grüne, NEOS und Liste Pilz. Geantwortet haben SPÖ, Grüne, NEOS und Liste Pilz.
- Insgesamt wird für höhere Sicherheiten und gegen das spekulationsgetriebene Finanzsystem plädiert. Die Eigenkapitalanforderungen an Banken sollen erhöht, ein Trennbankensystem eingeführt und der Hochfrequenzhandel eingedämmt werden. Auch Regulierungserleichterungen für kleine Banken, so wie kürzlich auch von der FMA gefordert, werden von einigen der Parteien befürwortet (SPÖ, Grüne, Liste Pilz).
- Darüber hinaus plädieren die antwortenden Parteien für eine starke europäische Bankenaufsicht (SPÖ) bzw. für ein Insolvenzrecht für marode Geldinstitute (Grüne, NEOS) – um Bankenrettungen aus Steuermitteln in Zukunft zu vermeiden.
- Die Rückbesinnung des Finanzsektors auf seine Funktion als Dienstleister der Realwirtschaft und die Ausrichtung der Geschäftsmodelle auf Einlagen- und Kreditgeschäft werden explizit von NEOS und Grünen unterstützt: Dies ist eine langjährige Forderung der Genossenschaft für Gemeinwohl.
- Am klarsten sprachen sich die Liste Pilz ("Staat soll öffentlich geeignete Gemeinwohl-Bank gründen") und die Grünen (soziale und ökologische Berichtspflicht für öffentliche und Großunternehmen, an die Steueranreize und Vorrang in der öffentlichen Beschaffung geknüpft werden) für Regulierungen aus.
- Enttäuschend ist, dass ÖVP und FPÖ auf die Anfrage nicht reagiert haben.
Download Fragen & Antworten
https://www.mitgruenden.at/sites/www/files/downloads/fragen_antworten_fraktionen_wahlen_2017.pdf
Weniger explizit sind die Parteien in ihren Wahlprogrammen, die ebenfalls von der Genossenschaft für Gemeinwohl gescreent wurden.
- Mehr und differenziertere Bankenregulierung auf europäischer Ebene findet in der Mehrzahl der Wahlprogramme keine Erwähnung – trotz milliardenschwerer Rettung österreichischer Banken mit Steuergeldern (Constantia, Investkredit, Kommunalkredit, ÖVAG und Hypo Alpe Adria) und einem drohenden Zusammenbruch des Euro-Systems.
- Eine Rückbesinnung des Finanzsektors auf seine Funktion als Dienstleister der Wirtschaft wird allgemein von SPÖ, Grünen und NEOS sowie indirekt von Liste Kurz gefordert.
- Finanz- und geldpolitische Aspekte werden in den einzelnen Wahlprogrammen weniger als grundlegend strukturelles Thema behandelt, sondern vielfach mit parteipolitischen Schwerpunkten in Verbindung gesetzt: mit Arbeitnehmer*innenschutz bei der SPÖ, mit dem Erhalt des Bargelds bei der Liste Sebastian Kurz, mit Sicherheitspolitik bei der FPÖ und mit Klimaschutz bei den Grünen.
„In den meisten Wahlprogrammen spielt das Thema einer nachhaltigen und sozial gerechten Ausgestaltung unseres Geld- und Finanzsystems kaum eine Rolle - auch nicht die enormen Kosten der Bankenrettung, die laut Rechnungshof schon 2013 auf über 6 Milliarden Euro netto aufgelaufen waren", bedauert Christian Felber. „Die Menschen wünschen ein gemeinwohlorientiertes, dienendes Geld- und Finanzsystem mit Größengrenzen, Spekulationsbeschränkung, Gemeinwohlprüfungen und die Förderung von Ethik-Banken. Die dafür nötigen klaren Spielregeln sind in den Wahlprogrammen erst in Ansätzen oder noch gar nicht erkennbar.“
Primärbanken fordern Trennung von Invest und Retail
Auch der Förderungsverein der Primärbank plädiert für eine nachhaltige Bankenreform: „Wir erwarten von unserer Politik im Interesse des Schutzes der Banken, der Volkswirtschaft und der Sparer*innen die konsequente Beseitigung von Ausnahmen von der Eigenmittelunterlegung für Ausleihungen an Staaten und an die Zentralinstitute der dezentralen Sektoren“, sagt Josef Stampfer vom Förderungsverein der Primärbanken. Der Förderungsverein vertritt Interessen von selbstständigen Raiffeisenbanken und Volksbanken. Haftungen und Garantien von Banken sollen in den Bilanzen ausgewiesen und ebenfalls mit Eigenkapital unterlegt werden, fordert der Verein. Haftungsverbünde seien möglichst aufzulösen. Zum Schutz vor den Risiken des Investmenthandels soll ein striktes Trennbankensystem (entweder Retailbanken oder Investmentbanken) eingeführt werden. „Mit diesen Maßnahmen kann ein Schutz der Sparer*innen und Steuerzahler*innen vor Fehlentwicklungen im österreichischen Finanzsektor erreicht werden“, schließt Josef Stampfer.
Download Check Wahlprogramme
https://www.mitgruenden.at/sites/www/files/downloads/wahlprogramme_fraktionen_2017_0.pdf